Toskana

Geschichte von Staat und Kirche

Vorwort



Deutschlands Enge, Zwänge, Nöte

beklagte schon der Herr von Goethe.

Der Dichterfürst und Superstar

deshalb sehr oft auf Reisen war.

Und was war wohl sein Lieblingsland,

wo Kunst er ohne Grenzen fand,

wo Lebensart, Kultur und Licht

zu finden war wie sonstwo nicht?

Italien!

Seit 200 Jahren

die Deutschen in den Süden fahren,

die meisten zwar zum Baden nur,

doch manche auch auf Goethes Spur.



Sovana

 

 

 

Sovana ist ein kleines Nest,

doch hält es die Geschichte fest,

denn dessen Sohn, ein Hildebrand,

wurde in Rom zum Papst ernannt. 

 

 

 

 

 

Gregor der Siebte hieß der Mann,

der steckte in den Kirchenbann

den Kaiser Heinrich Nummer vier.

Der fror im T-Shirt wie ein Tier

drei Tage lang in Eis und Schnee.

Selbst Gregors Leuten tat es weh,

wie hasserfüllt der Papst verharrte,

wenn er aus seinem Fenster starrte.

 

Doch auch der Heinrich - grad zu Leid -

war nicht zum Nachgeben bereit,

fror sich den Arsch ab für die Krone -

auch so viel Starrsinn ist nicht ohne!

Zwar knirschte Gregor mit den Zähnen,

doch musste er den Bannfluch nehmen,

spendierte Glühwein und ein Essen

dem Erzfeind. Doch der war versessen,

dem Kirchenboss die ganzen Qualen

genauso gründlich heimzuzahlen.

 

Nun litt der Gregor große Not,

bis im Exil er endlich tot.

 

Bis heute streiten sich die Geister:

"Wer war denn nun des andern Meister?"

Investiturstreit nannte man

von Kaiser und von Kirchenmann

den Machtkampf zwei Jahrhundert lang -

für beide war's der Untergang!

 

Die Staufer wurden ausgerottet,

die Päpste wiederum verspottet.

Sie hatten derart viel verbrochen,

dann sich nach Avignon verkrochen.

 

Als Bußgang nach Canossa blieb

des Heinrichs und des Gregors Hieb,

beide von Machtgier ganz zerfressen,

bis heutzutage unvergessen.

 

Sovana mit 400 Seelen

kann von Sohn Hildebrand erzählen.

An ihm lässt sich ganz leicht belegen:

Nicht jedes Kind ist auch ein Segen!



Die Heilige Jungfrau der Katzenklappe

Montemerano

 





Im Lauf der menschlichen Geschichte

agierten Heilige und Wichte

oft in derselben Kirchenwelt,

wo Gut und Bös zusammenfällt.

Montemerano heißt der Ort,

wo dies geschah - ich selbst war dort:

 

Mitte des 14. Jahrhunderts

entstand ein Bild - und niemand wundert's,

dass es Santa Madonna hieß,

sich am Altar aufstellen ließ.

400 Jahre blieb sie dort,

für Gläubige der rechte Ort.

 

Doch plötzlich - quasi über Nacht

hat sie sich aus dem Staub gemacht!

Der Schock im Dorf war groß und laut,

in jedes Eck hat man geschaut,

hat nie den Schmerz ganz überwunden:

Santa Madonna blieb verschwunden!

 

Doch vier Generationen später

beschlich den Urenkel vom Täter

ein sehr tiefes Gefühl von Reue,

besann sich seiner Kirchentreue!

Und eines Morgens wurd' gewahr

der Pfarrer: lehnend am Altar

die hundert Jahre lang verschwunden!

Vom Herzinfarkt fast überwunden

dankte Hochwürden seinem Gott,

Maria und fürs End' der Not.

 

Doch als das Bild man inspiziert',

sah man, dass es stark malträtiert:

die schwarzen Abdrücke verdrießen,

lassen gar auf Scharniere schließen!

Die Druckstellen bewiesen klar:

Madonna eine Haustür war!

 

Was schlimm ist, das geht schlimmer noch:

denn in Madonnas Rock ein Loch

ziemlich weit unten und sehr rund

tat dem Betrachter schlichtweg kund:

hier schlüpfte rein und schlüpfte raus

die Katze von des Diebes Haus!

 

Doch da Madonna sich nicht wehrte,

man sie auch weiterhin verehrte.

"Santa Madonna" - zu profan,

ein neuer Name stand jetzt an!



Den neuen fand man logisch und klar:

"Madonna della Gattaiola"!

Die Kirche nahm in der Neuheiten Mappe:

 

"Die Heilige Jungfrau der Katzenklappe".





© Gedichte für jedermann/ -frau * Wolf-Henning Blum * Januar 2012